Von
Susanne Müller
Es ist ganz still im Haus. Nur die Uhr schlägt,
die im stilvoll eingerichteten Wohnzimmer des Hauses im Musikerviertel steht. In
der Vitrine glitzern Weingläser, die Sonne scheint von der Terrasse herein, auf
dem Sonnenflecken des Orientteppichs liegt Ben. "Der passt gut zum Ambiente",
lacht sein neues Herrchen - der nicht genannt werden will. Denn der neue
Hausgenosse solle im Bericht im Mittelpunkt stehen. Denn der ist ein ganz
besonderer, ein für die Familie und Worms gar einzigartiger.
Denn Ben ist ein Foxhound. Diese Hunderasse ist in Deutschland sehr selten. Wenn
sie denn zu finden ist, dann allenfalls in so genannten Schleppjagdvereinen, die
diese Tiere in ganzen Meuten halten. Hier leben sie während ihres gesamten
Lebens im Rudel, werden im Trupp versorgt und dürfen jedes Wochenende aktiv sein
bei jagdlichen Veranstaltungen oder Ausritten - ansonsten aber kennen sie
keinerlei zivilisatorische Vorzüge, die ihre Artgenossen in Wohnungen und der
Stadt allzu leicht verwöhnen und manchmal auch verwirren.
Ben ist also ein Foxhound. Und er ist ein Nibelunge. Denn der zehnjährige Rüde
war im vergangenen Jahr Star auf der Festspielbühne, er war mit weiteren neun
Hunden seiner Truppe wichtiger Teil der Inszenierung Karin Beiers. Was für den
Vorsitzenden der "Taunusmeute", Ulrich Förster, der die Tiere jeweils nach Worms
zur Aufführung brachte, ganz neue und spannende Erfahrungen brachte, war für die
neuen Besitzer Bens ein Zusammentreffen, das ihr Leben veränderte.
"Ben hat uns angepeilt und beschlossen: Das sind meine neuen Herrchen", sagt
sein Frauchen - die Wormserin hatte zunächst als Statistin, später als "Mädchen
für alles" bei den Festspielen mitgewirkt. Der Hund habe sich an sie geschmiegt
und stetig verfolgt, "meinem Mann hat er sich regelrecht ans Bein geworfen". Ben
hatte Glück mit seinem "Bewerbungssgespräch", denn der Rüde stand auf der Liste
der Tiere der "Taunusmeute", die bei Erreichen einer gewissen Altersgrenze
abgegeben werden in Familien. So gab es kein langes Hin und Her, Ben dufte
Einziehen ins Haus im Westend - und seine Familie will ihn nie wieder hergeben.
Der Rüde ist ruhig, bellt nicht, weiß schlau, wie er sich mit großen Augen in
Szene setzt und lechzt nach Streicheleinheiten. "Dabei hat er ja gar nichts
gekannt, keine Geräusche, keine Möbel, keinen Fernseher, keine Klingel -
überhaupt nichts", sagt sein Frauchen stolz über den schlauen Kerl. Gemeinsam
hat das neue Team es geschafft - das Tier mit duldsamer Gelassenheit, seine
Familie mit Tipps vom Hundetrainer, Lesen von Fachliteratur und viel Einfühlung.
Da gibt es doch ein Leckerli für Ben? "Die frisst er nicht, so was kennt er
nicht", sagt sein Frauchen - und gibt zu: Inzwischen tastet er sich ran an
zivilisatorische Finessen, Fleischkäse und Putenwiener goutiert er schon mal. Ob
er sein bisheriges Leben vermisst? "Manchmal pfötelt er im Schlaf und bellt, wie
auf der Jagd", sagt seine Familie - und Ben blinzelt im Sonnenfleck..