"Der passt gut zum Ambiente"
Nach "Bewerbungsgespräch" fand Nibelungen-Hund Ben neues Zuhause Vom 08.06.2005

 

Von
Susanne Müller

Es ist ganz still im Haus. Nur die Uhr schlägt, die im stilvoll eingerichteten Wohnzimmer des Hauses im Musikerviertel steht. In der Vitrine glitzern Weingläser, die Sonne scheint von der Terrasse herein, auf dem Sonnenflecken des Orientteppichs liegt Ben. "Der passt gut zum Ambiente", lacht sein neues Herrchen - der nicht genannt werden will. Denn der neue Hausgenosse solle im Bericht im Mittelpunkt stehen. Denn der ist ein ganz besonderer, ein für die Familie und Worms gar einzigartiger.
Denn Ben ist ein Foxhound. Diese Hunderasse ist in Deutschland sehr selten. Wenn sie denn zu finden ist, dann allenfalls in so genannten Schleppjagdvereinen, die diese Tiere in ganzen Meuten halten. Hier leben sie während ihres gesamten Lebens im Rudel, werden im Trupp versorgt und dürfen jedes Wochenende aktiv sein bei jagdlichen Veranstaltungen oder Ausritten - ansonsten aber kennen sie keinerlei zivilisatorische Vorzüge, die ihre Artgenossen in Wohnungen und der Stadt allzu leicht verwöhnen und manchmal auch verwirren.
Ben ist also ein Foxhound. Und er ist ein Nibelunge. Denn der zehnjährige Rüde war im vergangenen Jahr Star auf der Festspielbühne, er war mit weiteren neun Hunden seiner Truppe wichtiger Teil der Inszenierung Karin Beiers. Was für den Vorsitzenden der "Taunusmeute", Ulrich Förster, der die Tiere jeweils nach Worms zur Aufführung brachte, ganz neue und spannende Erfahrungen brachte, war für die neuen Besitzer Bens ein Zusammentreffen, das ihr Leben veränderte.
"Ben hat uns angepeilt und beschlossen: Das sind meine neuen Herrchen", sagt sein Frauchen - die Wormserin hatte zunächst als Statistin, später als "Mädchen für alles" bei den Festspielen mitgewirkt. Der Hund habe sich an sie geschmiegt und stetig verfolgt, "meinem Mann hat er sich regelrecht ans Bein geworfen". Ben hatte Glück mit seinem "Bewerbungssgespräch", denn der Rüde stand auf der Liste der Tiere der "Taunusmeute", die bei Erreichen einer gewissen Altersgrenze abgegeben werden in Familien. So gab es kein langes Hin und Her, Ben dufte Einziehen ins Haus im Westend - und seine Familie will ihn nie wieder hergeben.
Der Rüde ist ruhig, bellt nicht, weiß schlau, wie er sich mit großen Augen in Szene setzt und lechzt nach Streicheleinheiten. "Dabei hat er ja gar nichts gekannt, keine Geräusche, keine Möbel, keinen Fernseher, keine Klingel - überhaupt nichts", sagt sein Frauchen stolz über den schlauen Kerl. Gemeinsam hat das neue Team es geschafft - das Tier mit duldsamer Gelassenheit, seine Familie mit Tipps vom Hundetrainer, Lesen von Fachliteratur und viel Einfühlung.
Da gibt es doch ein Leckerli für Ben? "Die frisst er nicht, so was kennt er nicht", sagt sein Frauchen - und gibt zu: Inzwischen tastet er sich ran an zivilisatorische Finessen, Fleischkäse und Putenwiener goutiert er schon mal. Ob er sein bisheriges Leben vermisst? "Manchmal pfötelt er im Schlaf und bellt, wie auf der Jagd", sagt seine Familie - und Ben blinzelt im Sonnenfleck..